Erlebnis und Staunen und Gedanken über die Zukunft des Wohnens: die Salone del Mobile 2024

 

April 2024 - Kürzlich ging die 62. Ausgabe der Einrichtungsmesse in Mailand nach sechs Ausstellungstagen wieder zu Ende. Es ist immer wieder ein Erlebnis hier zu sein und die Hallen zu besuchen. Anderes jedoch, als im vergangenen Jahr, als ich an einem Event des Netzwerks "Women-in-furniture" als VIP teilnehmen durfte. Wir wurden an einige ausgesuchte Design-Stände geführt, und wir speisten auch zusammen in lockerer Runde. Und das alles bei bestem Wetter. Selbst das Wetter war in diesem Jahr anders. Ich spazierte zwei Tage lang allein und aufmerksam durch die Hallen.

Einrichtung und Möbel beziehen sich nicht nur auf Wohnzimmer, und so waren folgende Bereiche vertreten: International Furnishing und Accessoires (Wohnen und Deko), Workplace 3.0 (Arbeitsräume),  EuroCucina (Küchen und Technik), International Bathroon Exhibition (Bäder) und Salone Satellite (junges Design). 

 

Die Messe-Orga teilte inzwischen voller Stolz mit, dass sie mit den Aussteller- (über 1.950) und Besucherzahlen (361.000) zufrieden sind, weil es ein Plus von insgesamt 17% zum Vorjahr ausmacht. Besucher:innen kamen aus aller Welt, angeführt von China, gefolgt von Deutschland, Spanien, Brasilien, Frankreich, USA, usw.  Gleichzeitig zur Messe findet auch die Design week in Mailand statt und es gab wieder einmal überall weitere Ausstellungsflächen. Die habe ich aber nicht geschafft. 

Vielen Dank an die Messe-Orga, die mich ständig mit Neuigkeiten und Wissenswertem informiert.

 

Die ersten Tage der Messe schien das Wetter freundlicher gewesen zu sein, aber die zwei letzten Tage, die ich dort war, war es eisig kalt mit einem scharfen Wind. Allerdings schien die Sonne dazu. ich war froh, in die Hallen und damit in die Windstille zu flüchten.

 

Bevor ich meine Impressionen hier teile, möchte ich einige Gedanken notieren, die mir während meines Besuches auf der Messe durch den Kopf gegangen sind. Wer keine Lust darauf hat, bitte gleich weiter nach unten scrollen.

Wohnen und Einrichten sind wichtige Elemente, die in unseren Wohn-, Arbeits- und anderen Aufenthaltsräumen eine immens große Rolle spielen. Wir alle wollen uns gern so einrichten, dass wir uns wohlfühlen und wir gleichzeitig durch die Einrichtung unsere Persönlichkeit und unsere Haltung ausdrücken möchten. Dabei werden wir beeinflusst von Bildern in Wohn-Zeitschriften und auch über z.B. Instagram.

Die Möbel- und anderen Einrichtungshersteller wissen dies natürlich und möchten uns mit immer neuen tollen Einrichtungen inspirieren. Auch hier auf dieser Messe. Die großen und namhaften Hersteller zeigen dies auch und warteten mit unglaublichen großen und beeindruckenden Ständen auf. Bei diesen waren allerdings häufig die Einblicke von außen durch hohe Wände abgeschirmt und man musste sich registrieren lassen, um auf den Stand zu kommen. Dabei bildeten sich Warteschlangen, die ich so zum ersten Mal wahrgenommen habe. Einige dieser Warteschlangen waren teilweise mehrere hundert Meter lang und die Menschen standen geduldig und warteten auf den Einlass. Ob dies alles Influenzer:innern waren? Oder Einkäufer:innen? Und ist das noch der Grundgedanke einer Messe? Ich weiß es auch nicht. Aber clever ist es in jedem Fall, weil sich alle registrieren lassen mussten (inkl. email-Adresse) und die Aussteller damit Zugang zu den Besucher'innen-Daten bekamen. 

Und nicht nur die Stände werden immer größer, opulenter und erlebnisreicher, sondern auch die Ausstellungsstücke müssen immer "besonderer" werden. Dass es der Möbelhandel zur Zeit schwer hat, wissen wir. Deshalb werden große Anstrengungen unternommen und inszeniert, was das Zeug hält. Das kenne ich bereits von anderen größeren Messen und auch auf dieser Messe war dies zu sehen.

 

Vorab einmal dies: Neues gab es nicht zu sehen. Farben waren auch eher natürlich und zurückhaltend, unterbrochen von einigen Farb"Krachern". Na klar, Hersteller und Händler müssen - in dieser etwas zähen Zeit - sich etwas einfallen lassen. Thema Nachhaltigkeit und natürliche oder recycelte Materialien spielen überall eine wichtige  Rolle, dass man es kaum noch besonders erwähnen muss. Das Thema ist also gegenwärtig. Gleichzeitig muss alles neu und ganz anders werden: same same, but different. Und doch: wie oft kaufen wir Verbraucherinnen uns eigentlich ein neues - teureres- Sofa? Und braucht es wirklich noch immer wieder ein neues Design für Stühle?

 

Und wenn ich mir die Besucher und -innen so anschaue, fällt mir auf, dass nicht viele jüngere Menschen da sind. Und mir stellt sich die Frage: wollen jene eigentlich auch noch so wohnen, wie wir Älteren es kennen: fester Aufenthaltsort mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Büro, Flur, Bad, Küche, etc.? Die Jungen sind die, die mit Smartphones und anderen digitalen Devices aufwächst, und damit von überall her mit allem verbunden sind und nicht mehr stationär gebunden sind. Während man sich früher noch gleichzeitig um den zentralen Fernseher versammelte oder ein Teenager das fest verkabelte Telefon blockierte, ist dies durch die Streaming-Dienste und Mediatheken nicht mehr nötig. Ja, ich weiß, in Zeiten von teurem Wohnraum halten sich viele eben auch noch immer bei den Eltern auf, aber ist das deren "Wunsch"leben? 

Meine Wahrnehmung ist, dass sie nur noch wenig zum "Wohnen" im stationären Raum brauchen. Sie möchten mobil sein, sich treffen und etwas erleben. Alles andere bekommen sie aus dem Internet - oder im "Hotel Mama".

Und daher meine Frage:  ändert sich gerade "das Wohnen", wie wir es kennen? Braucht es nicht in Zukunft mobile Lösungen, module und multifunktionalere Angebote für uns alle?

Ich denke: JA!und ich freue mich, dass es bereits einige kluge Angebote dazu gibt.

Le mie impressioni italiane.....

 

Immer noch aktuell sind die Produkte, die uns zum Schmunzeln bringen.

Aus der Wohnpsychologie und aus der Neurowissenschaft wissen wir, dass Überraschungen uns gefallen und sie unser Gehirn anregen. Wir kennen dies auch vom Witz: wenn etwas Unerwartetes passiert, macht uns das Lächeln oder schallend lachen.

Hier sind einige Produkte, über die ich schmunzelte.

Übrigens, in dem Osternest kann ein Mensch bequem liegen und auf dem Xylophon kann man sitzen ....

Gut finde ich auch - im Sinne der Personalisierung von Räumen - Wände individuell künstlerisch zu gestalten.

Hier könnte meine Kollegin Susanne Moisan aus Hamburg bei der Auswahl einer Künstlerin sicher behilflich sein:

https://www.susannemoisan.com/


 

 

Produkte aus dem 3D-Drucker sind auch häufig zu sehen. Hier ist durch die Elastizität des oft recycelten Plastik- oder Bio-Materials eine große Vielfalt von Formen möglich, was ein enormer Vorteil ist. Ein Produkt gleicht dem anderen.

  

Andererseits liegt auch das traditionelle Handwerk wieder stark im Trend. Regionale Werkstätten bieten überall qualitatives und oft natürliches Design an.

Cimento aus Italien

https://www.cimento.tech/en/zeigte schöne und vielseitige "Beton"-Oberflächen. Sie beschreiben ihr Produkt so:

 

Cimento ist eine Zementmischung, die auf vielen Untergründen aufgetragen werden kann, mit dem Ziel, ein ähnliches Sichtbeton-Erscheinungsbild zu erhalten.

 


Für unser zukünftiges Wohnen bieten

versenkbare oder veränderbare Möbel oder multifunktionale Einrichtungen eine gute Möglichkeit, Räume multifunktional zu nutzen.

Das gefällt mir besonders bei Schlafräumen, die sonst ca. 2/3 des Tages nicht anders nutzbar sind. 

Unten in dem Video siehst du ein Bett, das tagsüber - wenn es nicht genutzt wird - in der Decke verschwindet. Was für eine gute Idee, die das rumänische Unternehmen ADD-Rest.com 

https://add-rest.com/ hatte.  

 

Oben ein Bestelltisch, den man auseinander ziehen kann. 

 

Kommen wir zu den erwähnten Inszenierungen. Hier sind einige weitere Fotos.

 

von links nach rechts, von oben nach unten:

Foto 1 und 2 - Outdoor-Präsentation

Foto 3 -            workspace

Foto 4 -            Glaskugel-Labyrinth

Foto 5 -            Schlafzone

Foto 6 -            minimalistisches Bad-Interior - auf Bausteinen 

Foto 7 -            Installation "Under the surface"  in der "Bäder"-Halle (sehr sinnlich)

Foto 8 -            Menschenschlange, wartend auf den Einlass auf den Messestand

 

Und hier noch einige interessante Produkte von den jungen Designern.

Good to know: diesen Bereich "Salone Satelite" gibt es nun schon seit 25 Jahren und viele uns bekannte Designer haben hier ihre Karriere begonnen. 

Inzwischen rauschen die Berichte und Posts von Besucher'innen über die sozialen Medien, aber auch durch die Printmedien nur so herein. Wenn ich die lese - und das mache ich natürlich - frage ich mich manchmal, wo die das nun wieder gesehen haben. Und jede und jeder setzt andere Schwerpunkte. 

Ich habe auch wieder nur einen Bruchteil gesehen und mein Interesse gilt dem Wohnen und den menschlichen Bedürfnissen und dem, was ein bisschen anders und neuer ist. 

Wer weitere Informationen braucht oder haben möchte, darf mich gern anschreiben, kann aber auch auf die website der Salone.del.Mobile.Milano 

https://www.salonemilano.it/en/exhibitions/salone-internazionale-del-mobile

gehen.

Ich sage nun "Arrivederci, Milano". 

 

Fotos: Erika Mierow