Wieder in Köln auf der imm zu sein, ist mir immer eine Freude. Die Erwartung, hier volle Hallen und viele Besucher*innen und natürlich viele neue Trends im Bereich Einrichtung zu sehen, hat sich aber nicht erfüllt.
Die IMM schreibt: .... Die Hoffnung, dass die Kölnmesse mit ihrem Angebot mit der Mailänder Salone del Mobile konkurrieren konnte, sind passé. ....
Meine Beobachtung ist, dass Messen ganz allgemein nicht mehr so angesagt sind, was am Internet liegen könnte, ganz sicher aber an der augenblicklichen Zurückhaltung im Handel.
Zu unsicher sind die Situationen durch Inflation, Energiefragen, der Kriege und des Klimawandels.
Auch in Frankfurt auf der berühmten Ambiente gibt es einige Änderungen.
So sind die Ambiente, die Christmas World und die Creativeworld zu einer Messe zusammengezogen worden. Eine Maßnahme, die sich jetzt als günstig erwiesen hat, denn so gab es volle Hallen mit 10% mehr Aussteller'innen.
Diese Messe ist auf jeden Fall vergleichbar mit der Maison et Objet in Paris und zieht in Frankfurt viele Besucher*innen und Käufer*innen an.
Ich war jedenfalls hoch erfreut, dass ich trotz des (zweiten !!) Bahnstreiks auf der Ambiente sein konnte und dass die Messe überaus gut besucht war und es in den Hallen und den Wegen dorthin brummte.
Die Messe imm Cologne fand vom 14. bis zum 18. Januar 2024 statt; die Ambiente öffnete am 26. bis zum 30. Januar 2024 ihre Hallen. Während die imm Cologne eine klassische Möbel- bzw. Einrichtungsmesse ist, ist die Ambiente in Frankfurt die außerhalb Chinas größte Konsumgütermesse.
Beiden gemein ist das große Angebot von Nachhaltigkeit. Viele Produkte werden bereits entsprechend angeboten und überall kann man Verweise auf Nachhaltigkeits-Prüfstellen wie zum Beispiel "FSC" sehen. FSC steht für Forest Stewardship Council und bezieht sich auf Holz und dessen Zertifizierung.
Und ich hatte auf beiden Messen die Möglichkeit Trend-Vorträge anzuhören.
Da ich selber auch Trends fürs Wohnen und Einrichten beobachte, sind die Vorträge der anderen äußerst interessant. In Köln gab es einen langen und sehr informativen Vortrag von Gudy Herder https://www.eclectictrends.com/. Dieser Vortrag lässt sich auch online nachsehen, kostet aber einiges.
In Frankfurt schaffte ich es erst am letzten Messetag zu dem Online-Vortrag vom Stilbüro Bora.Herke.Palmisano
http://stilbuero-bhp.de/, die einen kurzen Überblick über Trends gaben.
Beide Vorträge sind wirklich sehr wertvoll.
Meine eigene Zusammenstellung von Trends hatte ich vorbereitet und bei mir und so konnte ich sie mit beiden vorgetragenen Trendthemen gut abgleichen. Über die Übereinstimmung habe ich mich gefreut und bestätigt gefühlt.
Wer sich dafür interessiert, erhält eine Auswahl meiner Zusammenfassung nachfolgend:
Live simple!
In unserer Zeit von Überfluss haben viele ein Bedürfnis nach Minimalismus, Purismus und abgespecktem Leben. Unser aller Leben ist so prallvoll mit Informationen und Eindrücken, die unser Gehirn gar nicht mehr alle verarbeiten kann.
Zuhause ist der Ort, an dem wir "wir" sein können, oder wie ich immer sage "wo man den Bauch nicht einziehen muss". Und wenn uns da weitere Reize überfallen, kann das leicht zu Überforderung und zu Unwohlsein bis hin zu Stress, Burnout und Depressionen führen.
Doch Achtung! Ein Zuwenig kann ebenfalls zu Unwohlsein und den vorher beschriebenen Konsequenzen führen.
Ein klarer und schlicht eingerichteter Raum ermöglicht uns, zu uns und unseren Bedürfnissen zu kommen, sich nicht ablenken zu lassen und kann durch einige Kontraste unsere Kreativität durchaus anregen.
Natürlichkeit!
Überall ist es zu sehen: der Griff zur Natur - auch indoor.
Nicht nur Pflanzen, sondern auch Blumendekore und Naturmaterial wie Holz, Filz, Wolle, Stein, Leder und Papier.
Als Neuheit kann man echte Moose, Rinden oder andere Naturmaterialien auf Möbeloberflächen sehen.
Beim Holz werden inzwischen neue Macharten ausprobiert. Also, Holz wird zum Beispiel mit Pigmenten oder Kohle versehen und dann imprägniert oder gebrannt und es entstehen ganz neue Oberflächen. Sehr interessant.
Es gibt herrliche natürliche Textilien, die unserem Wunsch nach Gemütlichkeit und Ruhe nachkommen. Wunderschöne Teppiche aus Wolle, die ich am liebsten sofort barfuß betreten hätte und wunderschöne Decken. Echt witzig: von Räder
https://www.raeder.de/home/ sah ich eine graue schlichte Decke mit weißen Punkten und
dem wording: Schneedecke.
Raumteiler gibt es in vielen Ausführungen, mittlerweile auch aus Weide oder Flechtstoffen, hübsch anzusehen, und durch die Mobilität ein tolles Möbel, das ruckzuck einen Platz innerhalb eines Raumes zu einem Rückzugsort verwandeln kann. Oder die Home-Office-Ecke vom übrigen Raum abteilt.
Eindrucksvoll war auch das Flower-Café in Frankfurt, das bunt und dennoch filigran ausgestattet war. Wer Pause machen wollte, setzte sich mitten hinein in diesen Zauber- "Garten".
Ethereal Design
Neu und überall zu sehen ist dieses Design: es erinnert an Perlmutt oder an Luftblasen, ist shiny, organisch, mysteriös, poetisch, utopisch, fluid, sensorisch, liquid, irisierend, changierend und was immer man noch darüber sagen kann.
Die Farben sind naturgemäß pastellig und verlaufen, fast batikartig.
Dieser look macht sich am Besten auf Glas, weil dies Material in seiner Transparenz und Leichtigkeit das Design wunderbar ergänzt.
Das werden wir in nächster Zeit häufiger auf vielen Produkten zu sehen bekommen, haben wir doch alle Sehnsucht in Krisenzeiten nach mehr Leichtigkeit.
Individualität
Gudy Herder sprach in ihrem Vortrag von "everyone want to have his/her own language".
Schon länger wünschen wir uns Einzigartigkeit - auch im Einrichtungsstil. In der Mode kennt man das bereits.
Sofas werden mehr und mehr individualisiert. Da hilft das Internet sehr. Soll das Seitenteil links oder rechts angebracht werden? Und Sitztiefen und dergleichen mehr können angepasst werden. "Customized" und "Modul" sind die Zauberworte. Von Küchen kennen wir das schon lange.
Individuell bedeutet, seinen eigenen Stil zu kreieren und sich nicht mehr an den Mainstream zu halten. Nicht ganz neu, aber hochaktuell. Jede*r möchte sich ausdrücken. Da kann der kleine antike Sekretär, geerbt von der Oma, durchaus neben der Designerleuchte stehen, und das Regal kann aus Weinkisten gebaut sein. Stühle, die unterschiedlich sind und um den Esstisch herumstehen.
Besonders einfach lässt sich durch Dekoration ein individueller Stil erreichen.
Übrigens: das Foto ganz links zeigt einen Backofen in einer sehr minimalistischen Holzküche.
Und sonst?
Ethnische Dekore - dabei steht Mexico bzw. Südamerika im Vordergrund.
Frida Kahlo auf Kissen, T-Shirts, Postern und Postkarten kennen wir schon. Meistens sehr bunt und auffallend.
Hier auf den Messen sah ich nun grafische Muster, große Amphoren, Web-Wandbehänge, gehäkelte Kakteen !! (Foto unten), knallbunte Natur-Tischsets ....
Früchte als Deko! Das erinnert mich irgendwie an Italien in den 1960iger ... Ist nicht so ganz mein Geschmack, aber witzig sind die Produkte teilweise schon. Und wussten Sie, dass unser Gehirn gern Kontraste oder etwas Überraschendes (surprise) oder Fröhliches (joyful) und Spielerisches (playful) hat und wir dadurch in gute Stimmung kommen?
An Farben sind einerseits die hellen und warmen in Sandtönen, Offwhite und beige im Trend, andererseits kommen auch wieder kraftvolle Farben ins Spiel. Ich denke aus diesem Report kann man das ganz gut ablesen. Und auch das spiegelt unsere gesellschaftliche Situation wieder. Hellere Farben bedrücken uns weniger, kraftvolle warme Farben können Geborgenheit ausstrahlen.
Die renommierten Farb-Unternehmen wie RAL (https://www.ral-farben.de/) oder Pantone (https://www.pantone.com/eu/de/) bieten große Farbpaletten und bestimmen auch die Trendfarben eines Jahres.
Hoffentlich ist es mir gelungen aufzuzeigen, dass es nicht den einen Trend gibt, sondern viele. Und jede*r entscheidet für sich, was er/sie mag und womit er/sie sich umgibt.
Ich freue mich über den Besuch dieser beiden Messen, über neue und wieder aufgefrischte Kontakte, und bin gespannt, wie es auf der nächsten in Mailand auf der Salone del Mobile im April sein wird.
Alle Fotos: ©️Erika Mierow